Mehr als jeder zweite in Deutschland hatte innerhalb der letzten 12 Monate mindestens einmal Rückenschmerzen und ist in der Folge zum Arzt gegangen. Bei einer Gegenüberstellung von unteren Rückenschmerzen, die im Bereich der Lendenwirbelsäule auftreten, und oberen Rückenschmerzen, im Bereich der Brustwirbelsäule, zeigen sich untere Rückenschmerzen (52,9%) ca. doppelt so häufig wie Schmerzen im oberen Rücken (27,4%) (Lippe et al., 2021). Doch wie kommt es dazu?
So unterscheidet man Formen von Rückenschmerzen
Untere Rückenschmerzen können anhand ihrer Merkmale in spezifische und unspezifische untere Rückenschmerzen unterteilt werden. Bei Betrachtung aller Patient*innen mit unteren Rückenscherzen treten die unspezifischen mit 90% deutlich häufiger auf als die spezifischen unteren Rückenschmerzen mit nur 10% (Staal et al.,2013).
Die Bezeichnung spezifische untere Rückenschmerzen wird verwendet, wenn als Ursache ein klarer medizinischer Befund herangezogen werden kann, wie beispielsweise bei einer Wirbelkörperfraktur, Tumoren oder Spinalkanalstenosen (Staal et al.,2013). Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei unspezifische untere Rückenschmerzen um Schmerzen, bei denen keine klare Diagnose als Ursache vorliegt.
Die Patient*innen haben keine allgemeinen Krankheitssymptome und Beschreiben die Schmerzen im Bereich der Lendenwirbel, mit möglicher Ausstrahlung in das Gesäß oder den Oberschenkel. Die Schmerzen können positions- und bewegungsabhängig sein und zum Beispiel beim Heben und Tragen von Gegenständen auftreten. Außerdem treten bei dieser Form der unteren Rückenschmerzen keine allgemeinen Krankheitssymptome, wie Fieber oder Gewichtsverlust auf (Staal et al.,2013).
Der Krankheitsverlauf
Im Folgenden befasst sich dieser Beitrag ausschließlich mit den unspezifischen unteren Rückenschmerzen, da diese wie bereits erwähnt, bei einer Mehrzahl an Patient*innen auftreten:
Nach Beginn der ersten Symptome geht ein normaler Verlauf mit einer stetigen Steigerung der Aktivität, sowie der Teilnahme am Alltag einher. Außerdem reduzieren sich die Schmerzen, häufig bis zur kompletten Schmerzfreiheit (Staal et al.,2013). Demgegenüber steht der abnormale Verlauf, der sich über eine Dauer von 3 Wochen zeigt. Dabei erleben die Patient*innen anhaltend keine Veränderung oder sogar eine Reduktion der körperlichen Aktivität und Teilnahme am Alltag (Staal et al.,2013).
Um den Verlauf der Rückenschmerzen besser zu Beschreiben, lassen sich drei Profile für unspezifische untere Rückenschmerzen heranziehen. Das Profil 1 beschreibt, dass bei 80-90% der Fälle die Schmerzen innerhalb von 4-6 Wochen spontan vergehen und die Aktivität der Betroffenen mit der Zeit zunimmt. In dem Profil 2 und 3 halten die Aktivitätseinschränkungen und Teilnahmebeschränkungen der Patient*innen an oder nehmen sogar zu. Hinzukommen im Profil 3 zusätzliche psychosoziale Faktoren, bei denen weitere Diagnostik für den Heilungsverlauf von Vorteil sein können (Staal et al.,2013).
Behandlung von Rückenschmerzen – mit Bewegung in den Alltag
Die physiotherapeutischen Maßnahmen werden individuell und je nach Profil, in das die Patient*innen eingeordnet werden, ausgewählt. In allen drei Profilen steht der Erhalt oder das Wiedererlange der Aktivität und Teilnahme am Alltag und im Beruf an erster Stelle.
Im Profil 1 ist das Ziel die Patient*innen anhand starker Maßnahmen zu bestärken aus möglicherweise bestehender Passivität zurück in die Aktivität und den Berufsalltag zu kommen. Die unteren Rückenscherzen sollten nicht als schwerwiegende Einschränkung betrachtet werden und den Patient*innen sollte bewusst gemacht werden, dass durch eine Steigerung der Aktivität keine Strukturen im Rücken geschädigt werden, sondern der Heilungsverlauf begünstigt wird (Staal et al.,2013).
Treffen die Merkmale von Profil 2 zu, werden Patient*innen ermutigt bestmöglich zu einem aktiven Alltag zurück zu kehren. Mithilfe eines Übungsprogramms aus Kraft, sowie Mobilisationsübungen kann eine Steigerung der Aktivität gefördert werden. Falls sich die Schmerzen im Verlauf kurzfristig verschlechtern spricht dies erst einmal nicht für eine erneute Schädigung von Strukturen und die Rückkehr in die Passivität sollte unbedingt vermieden werden (Staal et al.,2013).
Patient*innen die dem Profil 3 zugeordnet werden erhalten eine ähnliche Therapie wie Patient*innen im Profil 2. Hier ist es umso wichtiger den Betroffenen zu erklären, dass Bewegung und Aktivität nicht schädlich ist, sondern den Heilungsverlauf stattdessen begünstigen kann. Auch eine Wiederaufnahme des Berufs steht neben einem individuellem Trainingsplan im Vordergrund.
Die Edukation über mögliche Zusammenhänge der unspezifischen unteren Rückenschmerzen und bestehenden psychosozialen Faktoren ist ebenfalls Teil der Therapie, wobei eine Zusammenarbeit mit Ärzt*innen oder Psycholog*innen in Erwägung gezogen werden kann (Staal et al.,2013). Wir beraten Sie als Ihre Physiotherapie gerne näher persönlich dazu.